17. Juni 2024

SAG ES!: Eine einfache Formel für schwierige Gespräche

Sag es!

Kritik einzustecken, ist nicht leicht. Kritik zu erteilen ist oftmals genauso schwierig. Sachlich und angemessen Feedback zu geben ist eine Kunst. Die «SAG ES»-Formel kann dabei helfen.

Von: Silke Weinig  

Silke Weinig

Coach, Trainerin und Bloggerin für Selbstmanagement, insbesondere nach den Methoden des Zürcher Ressourcen Modells (ZRM®). Sie führt zudem Persönlichkeitsanalysen durch und gibt Seminare und Workshops für Unternehmen und Privatpersonen.

Im Umgang mit anderen Menschen ist es wichtig, dass wir über Dinge sprechen kön­nen, die wir nicht gut finden oder gern anders hätten. Sicher, es gilt gut abzuwägen, ob oder genauer wie man jemandem sagt, wenn ei­nem etwas nicht gefällt. Nur um des lieben Friedens willen nichts zu sagen, ist keine Lö­sung. Vor allem der Wunsch nach Harmonie kann dazu verführen, fremden Erwartungen – ob tatsächlich vorhanden oder nur vermutet – gerecht zu werden. Dann handeln wir gegen uns und unsere Werte. Wenn wir keine Gren­zen setzen, kann es passieren, dass wir uns ausgebrannt und ärgerlich fühlen.

Kritik einzustecken, ist nicht leicht. Kritik zu er­teilen ist oftmals genauso schwierig. Sachlich und angemessen Feedback zu geben ist eine Kunst. Bei Kritik fühlt sich fast jeder angegrif­fen. Schnell werden Abwehrschirme hoch­gefahren, und es wird abgeblockt, egal, was kommt. Wer ein paar Regeln beachtet, kann Ärger nicht nur vermeiden, sondern sogar das Verhältnis mit seinem Gegenüber verbessern.

Gleich vorweg: Selbst mit der besten Rhetorik bleibt ein schwieriges Gespräch schwierig. Die «SAG ES»-Formel hilft jedoch, schwierige Gespräche so vorzubereiten, dass wir souve­rän unseren Standpunkt darstellen können, der andere sich nicht an den Pranger gestellt fühlt und wir einen Dialog führen können.

SAG ES!

Eine Methode, um das Gespräch vorzuberei­ten und zu strukturieren, bietet eine Formel, deren Name ihr Programm ist, nämlich «SAG ES»:

  • S steht für Sachverhalt: Worum geht es ge­nau? Welches Verhalten, welche Aussagen haben zu dem negativen Gefühl geführt?

  • A steht für Auswirkung: Wie hat sich das auf mich und mein Verhalten ausgewirkt?

  • G steht für Gefühl: Welche Gefühle hat das bei mir ausgelöst?

  • E steht für «Empfindung des anderen ein­holen» («Wie siehst du das?»).

  • S bedeutet «Schlussfolgerung finden» («Wie machen wir das ab sofort?»).

Die Reihenfolge S, A und dann erst G ist un­gewohnt, aber erkenntnisreich! Wir starten meistens mit dem G, was beim anderen in 99% der Fälle eine Kaskade an Rechtferti­gungen provoziert, denn zu schnell klingt das Gesagte nach Vorwürfen. Damit verpassen wir die Chance, uns mit dem Sachverhalt, dem wahren Grund und der Auswirkung auseinan­derzusetzen. Das mag eine trockene Übung sein, bringt aber Klarheit.

Ein Beispiel: Nehmen wir an, Sie haben eine Bekannte, mit der Sie sich eine engere Ver­bindung vorstellen könnten. Sie sind sich aber nicht sicher, ob das auf gegenseitigem Interesse beruht. Trifft man sich, haben Sie viel Spass miteinander. Leider sagt sie Tref­fen oft und kurzfristig ab oder verschiebt sie. Als Gründe nennt sie die Arbeit, die pflegebe­dürftige Mutter oder allgemeines Unwohlsein. Ist es kleinlich anzumerken, dass Sie sich mehr Zuverlässigkeit wünschen? Oder gar egoistisch, wenn Sie die andere Person gern besser kennenlernen würden – was bekannt­lich nur über mehr gemeinsam verbrachte Zeit funktioniert? Was macht man mit dem nagenden Misstrauen, dass die andere kein Interesse hat und die genannten Gründe nur Ausreden sind? Oder bildet man sich das nur ein und zeigt zu wenig Empathie? Ohne die Situation zu klären, werden Sie in der Dau­erschleife dieser Gedanken und negativen Gefühle feststecken. Sicher, ein klärendes Gespräch kann dazu führen, dass die andere sagt, sie sehe in Ihnen nur eine bessere Be­kannte und mehr nicht, aber damit sind Sie auf jeden Fall schlauer und haben nicht viel Zeit verloren. Also:

  • Sachverhalt: Die beiden letzten Treffen wur­den kurzfristig von dir abgesagt. Das am vergangenen Donnerstag einen Tag zuvor, weil du beruflich verhindert warst. Davor am Sonntag, weil du dich unwohl gefühlt hast.

  • Auswirkung: Das hat meine Planung über den Haufen geworfen und mir wegen der Kurzfristigkeit wenig Möglichkeiten für Al­ternativen gegeben. Ich habe die frei ge­wordene Zeit zu Hause mit Lesen verbracht statt in Gesellschaft mit dir.

  • Gefühl: Es hat mich traurig gemacht, dass wir uns nicht sehen konnten. Ich fühle mich zurückgesetzt. Zudem empört es mich, dass die Absagen kurzfristig erfolgen. Das verletzt mich und hinterlässt bei mir ein schales Gefühl. Für mich ist Zuverlässigkeit wichtig, weil es mir Vertrauen gibt. Leider nagen Zweifel an meinem Vertrauen.

  • Empfindung des anderen einholen: Wie siehst du das?

  • Schlussfolgerung finden: Was schlägst du vor, wie wollen wir zukünftig miteinander umgehen?

Probieren Sie es aus! Ich bin gespannt auf Ihre Ergebnisse und wünsche gutes Gelingen!

Um unsere Website laufend zu verbessern, verwenden wir Cookies. Durch die Nutzung dieser Website stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Mehr Infos