19. April 2024

Zuhören: Schnell und natürlich wirkungsvoll

Zuhören

Zuhören ist eine interaktionelle Tätigkeit, die ungemein wirkungsvoll ist. Dabei machen vor allem die kleinen Zuhörreaktionen, die Sie ganz natürlich machen, wenn Sie aufmerksam zuhören, einen grossen Unterschied.

Wenn eine Person spricht und die andere Person zuhört, koordinieren sich die zwei immer wieder per Blickkontakt. Der normale Ablauf des Blickkontakts, den wir immer dann ganz natürlich machen, wenn wir aufmerksam zuhören, ist der, dass die Person, die spricht, mit ihrem Blick abschweift, während die Person, die zuhört, weiterhin die sprechende Person anschaut. Regelmässig kommt die sprechende Person mit ihrem Blick zurück. Dann geschieht vielfach ein faszinierender und oft gleicher Ablauf:

  • die Blicke treffen sich,
  • die zuhörende Person nickt ganz leicht und blinzelt,
  • die sprechende Person nickt leicht und blinzelt,
  • die zuhörende Person nickt leicht und blinzelt,
  • die sprechende Person spricht weiter.

Schritte 2–4 können auch begleitet sein von einem bestätigenden «Mhmm», «Ja», «Ah», «Oh», «Okay», «Wow» oder einer anderen bestätigenden Reaktion.

Dieses Kalibrieren geschieht in Zweier-Gesprächen laufend und innerhalb von Sekundenbruchteilen. Wenn es normal läuft, merken wir dies im Gesprächsverlauf nicht. Sobald jedoch ein Schritt dieses Kalibrierprozesses ausfällt oder anders verläuft, zum Beispiel mit einem Stirnrunzeln, weit geöffne­ten Augen ohne blinzeln oder einem fragenden «Hm?», kann es zu Irritationen kommen und den Gesprächsfluss unterbrechen.

Zuhörreaktionen sind wirkungsvoll

Wenn die sprechende Person mit ihrem Blick zurückkehrt und die zuhörende Person mit etwas ande­rem beschäftigt ist, zum Beispiel mit dem Blick auf das Mobiltelefon oder den Computer, und so Schritt 2 ausfällt, dann weiss die sprechende Person nicht, ob die andere Person zugehört hat. Dies kann dazu führen, dass das Gespräch unterbrochen wird und die sprechende Person das Gesagte nochmals wiederholt oder nachfragt, ob die andere Person verstanden oder das Gesagte gehört hat.

Das Gleiche passiert oft, wenn die zuhörende Person mit dem Blick zwar da ist, jedoch nicht nickt oder nicht blinzelt. Dies geschieht in unserem Kulturkreis oft gepaart mit einem leichten Kopfneigen, wenn wir etwas nicht verstanden haben, eine Frage haben oder verwirrt sind. Da dies eine ganz natürliche Reaktion ist, die wir seit Kindheit kennen, unterbricht auch in diesem Fall die sprechende Person oft und fragt nach.

Umgekehrt irritiert es die zuhörende Person, wenn die sprechende Person nach Schritt 2 nicht auch leicht nickt und blinzelt und daraufhin nicht weiterspricht. Fehlen diese Reaktionen, weiss die zuhö­rende Person nicht, ob die sprechende Person gesehen hat, dass die zuhörende Person zuhört. Dies führt oft dazu, dass die zuhörende Person nochmals, vielleicht sogar intensiver, nickt und vielleicht mit einem «Mhmm» begleitet zeigt, dass sie aufmerksam zuhört und das Gesagte gehört hat.

Laufende Koordination im Gespräch

Dieses Kalibrieren, diese Koordination über oft winzige und blitzschnelle Zuhörreaktionen und ihre wech­selseitigen Bestätigungen findet laufend statt. Damit stellen die Gesprächspartner*innen sicher, dass

  • die sprechende Person weiss, dass die zuhörende Person das Gesagte gehört hat und folgen kann: Fehlt dies, muss die sprechende Person sicherstellen, dass das Gesagte gehört worden ist, bevor sie weitersprechen kann.

  • die zuhörende Person weiss, dass die sprechende Person sieht, dass sie zuhört: Fehlt dies, weiss die zuhörende Person nicht, ob ihre Bestätigung angekommen ist, und muss diese oft wieder­holen oder verstärken.

Aufmerksames Zuhören ermöglicht den Gesprächsfluss

Gespräche, in denen aufmerksam zugehört wird, sind effizienter als Gespräche, in denen die Zuhö­renden abgelenkt sind. Dank der Zuhörreaktionen wiederholen die Sprechenden viel weniger, recht­fertigen sich weniger, und der Gesprächsfluss ist fliessender.

Und das Schöne daran ist: Aufmerksam zuhören müssen Sie nicht lernen. Sie können dies bereits seit Ihrer Kindheit. Im Gegenteil, je mehr Sie übers Zuhören lernen und im Gespräch darauf achten, des­to weniger fliessend verlaufen die Gespräche, da Sie die wichtigen Zuhörreaktionen nicht an ihren natürlichen Orten machen. Überlegen Sie sich zum Beispiel bereits das nächste Argument oder die nächste Frage, sind Sie abgelenkt oder hören nur teilweise zu, dann finden weniger Zuhörreaktionen statt, oder sie finden an unpassenden Orten im Gespräch statt. Beides ist irritierend und führt immer wieder zu einem Gesprächsunterbruch.

Vergessen Sie alles, was Sie übers Zuhören wissen, und hören Sie aufmerksam und interessiert zu. Es lohnt sich!

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