24. Juni 2021

Motivation: Zwischen Eigenverantwor­tung und Führung

Motivation

Was braucht es, damit die Mitarbeitenden mit Liebe, Lust und Leidenschaft ans Werk gehen. Ist es wirklich die Gratifikation, die Menschen zu Spitzenleistungen animiert oder steckt mehr dahinter? Und wenn Mitarbeitermotivation Chefsache ist, wer motiviert dann den Chef?

Von: Bruno Geiger, Sabine Grebien  

Bruno Geiger

Bruno Geiger ist Betriebsökonom FH und war bis Ende November Leiter Dienste und Internat an der Ecole d’Humanité Hasliberg, einer internationalen Schule und Internat mit 120 Schüler/-innen aus über 20 Nationen und 70 Mitarbeitenden. Er hat langjährige Erfahrung in Führungs- und Stabsfunktionen verschiedener Branchen – national und international – und ist dreisprachig (D/E/F). Sein Fokus auf die wirkungsvolle Entwicklung und Leitung von Menschen, Projekten und Organisationen macht ihn zum engagierten Leader und Sparringspartner. Er ist Gründer und Inhaber von Geiger Evolution und offen für eine neue Herausforderung.

Sabine Grebien

Sabine Grebien ist seit 2002 Unternehmerin und als Wegbegleiterin in Sachen «Best Performance» unterwegs. In ihrem Gepäck hat sie über 20 Jahre Linien- und Führungserfahrung auf nationalen und internationalen Pfaden. Sie macht Mut, persönliche und unternehmerische Ideen umzusetzen, und gibt Impulse für ein neues Rollenverständnis in der Führung. Sie ist Wegbegleiterin für Persönlichkeiten und Organisationen in Sachen «Werte». Renommierte Unternehmen nutzen heute ihre Expertise in Erneuerungs- und Veränderungsprozessen und in der Verankerung von wertebasierter Kultur, Leadership und Excellence in Unternehmen. Darüber hinaus ist sie Autorin beim Gabal Verlag. «Werte messen – Change erfolgreich gestalten», «Wertebasierter Kulturwandel im öffentlichen Dienst».

«Bereitschaft, Wissen und Kompetenz sind Zugpferde für Unternehmensperformance»

Zugegeben, die Märkte, die Konjunktur, die finanzielle Lage, die Weltpolitik und die Weltgesundheit sind wichtige Einfluss­faktoren für die positive Entwicklung der Unternehmensperformance. Doch jeder Unternehmenserfolg, jede Geschäftsidee und jedes gute Produkt ist heute mehr denn je abhängig von der Bereitschaft, dem Wissen und der Kompetenz der Füh­rungskräfte und Mitarbeitenden. Es macht einen Unterschied, ob Leistung mit Freude und Begeisterung erbracht wird oder ob Mitarbeitende nur «ihren Job machen». Wenn das Zusammenspiel der Menschen, die dies alles planen, umsetzen und im­plementieren, nicht funktioniert, wird vie­les andere zur Nebensache. Was ist eine Mission und eine Strategie wert, die nicht leidenschaftlich erdacht und umgesetzt wird? Was ist ein gutes Produkt wert, wenn es nicht durch engagierte und be­geisterte Menschen im Unternehmen pro­duziert, vermarktet und verkauft und von zufriedenen Kunden gekauft und weiter­empfohlen wird? Genau, nichts!

Unternehmen brauchen also Menschen, die als Markenbotschafter fungieren, die sich mit der Organisation und deren Werten identifizieren. Dazu gehören Mit­arbeitende, Unternehmensführung und Kunden gleichermassen. Es braucht Füh­rungskräfte, die den Gedanken der Fülle leben und eine Kultur des gegenseitigen Vertrauens und der Ehrlichkeit aufbauen können. Doch wer ist verantwortlich dafür, dass Menschen mit Esprit ans Werk gehen, um all dies «zum Fliegen zu bringen»?

«Motivation ist selbstgemacht»

Bei Motivation geht es (kurz umschrie­ben) um die Gesamtheit aller Motive (Be­weggründe), die zu einer Handlungsbe­reitschaft führen. Hinzu kommt das auf emotionaler und neuronaler Aktivität be­ruhende Streben des Menschen nach Zie­len bzw. wünschenswerten Zielobjekten.

Aus dieser kurzen Umschreibung von Motivation wird ersichtlich, dass Aus­senstehende nicht verantwortlich für die Motivation eines Menschen sind. Die Befriedigung unserer «Kernbedürfnisse» steuern in uns zu einem grossen Teil die Motivation und die Lust, etwas leisten zu wollen. Da steckt also eine grosse Portion Selbstverantwortung und Eigenmotiva­tion drin.

Stellen Sie sich vor, Sie würden sich für Ihre eigenen positiven Emotionen und Hand­lungen abhängig von der Motivation durch andere machen. Sie würden sich in eine «Opferrolle» begeben. Aus dieser Position heraus haben Sie keine Mache und Kraft, sich selbst anzuspornen, ihr Leben in Fülle und Begeisterung zu leben.

Erfüllung unserer Kern­bedürfnisse, unserer Motive

Neben den individuellen Wünschen nach Sinnhaftigkeit sowie körperlicher und mentaler Gesundheit sind drei Kernbe­dürfnisse unabdingbar, die, unserer Mei­nung nach, das Fundament für Motiva­tion bilden. Dazu zählt das Streben nach:

  • Sicherheit und Orientierung
  • Bindung/Zugehörigkeit
  • Anerkennung/Bedeutung

Diese Grundmotive sind unsere Antrei­ber, und die Leistung, die wir selbst be­reit sind, zu erbringen, ist abhängig vom Erfüllungsgrad dieser Motive. Führung übernimmt zusätzlich zur Eigenmotiva­tion der Mitarbeitenden einen wichtigen Part auf dieser Reise der Motiverfüllung – davon sind wir überzeugt.

... denn was gesät wird, wird geerntet

Können Sie sich vorstellen, dass ein Bau­er das Frühjahr untätig verstreichen lässt, dann kurz vor Torschluss im Herbst das Feld pflügt, das Saatgut ausbringt und den Boden bewässert, in der Hoffnung, er kön­ne seine Ernte über Nacht in Spitzenqua­lität einfahren? Und dass er überdies das eine säte, aber etwas ganz anderes ernten wollte? Was braucht es also, damit ein Sa­menkorn zu einer stattlichen Pflanze her­anwächst und gedeiht? Richtig, Sie ahnen es bereits, es braucht Vorbereitungsarbei­ten und passende Rahmenbedingungen:

  • fruchtbaren und bestellten Boden
  • den richtigen Samen
  • Dünger/Nahrung
  • Wasser, richtig dosiert
  • Licht und Sonne
  • Pflege ...

Und genauso verhält es sich auch mit der Motivation! Führungskräfte tun gut dar­an, sich in den Dienst der Mitarbeitenden zu stellen, um Grundlagen und Rahmen­bedingungen zu schaffen, damit alle Pro­tagonisten in der Lage sind, ihre Motive zu aktivieren und zu wachsen.

In unserem Beitrag aus der Oktoberaus­gabe von personalSCHWEIZ haben wir über die magischen «V6» geschrieben, die, ebenso wie das Bestellen der Felder, wichtige Führungsqualitäten beinhalten. Sie sind verantwortlich für die Erfüllung der Kernbedürfnisse – also nach psycho­logischer Sicherheit, Anerkennung und Zugehörigkeit.

DIE MAGISCHEN «V6»

  • Vertrauen
  • Verantwortung
  • Verlässlichkeit
  • Verständnis
  • Verfügbarkeit
  • Verbindlichkeit

Vertrauen

Vertrauen ist das Fundament der Füh­rung. Jemandem bedingungslos und von Herzen zu folgen, geht nur mit Vertrauen. Führung muss glaubwürdig sein. Anwei­sungen, Argumente und Ideen müssen Sinn machen und nachvollziehbar sein. Mitarbeitende müssen spüren, dass es um sie geht und um die gemeinsame Sache. Vertrauen wird schnell verspielt, wenn nur eines dieser Prinzipien verletzt wird. Wenn jedoch das gesamte Trio ineinander vergarnt wird und angstfreie Räume ge­schaffen werden, dann werden alle drei Kernbedürfnisse befriedigt.

Verantwortung

Als Führungskraft selbst Verantwortung zu tragen und als Vorbild voranzugehen, motiviert auch andere, dasselbe zu tun. So lehren wir unsere Mitarbeitenden, für ihre Ideen und Meinungen einzustehen, und kreieren eine Kultur der Eigenver­antwortung zugunsten des Ganzen. Nur wenn die verschiedenen Akteure zur Er­reichung eines gemeinsamen Ziels ehr­lich und verantwortungsvoll miteinander kooperieren, schaffen sie Bestleistungen. Anerkennung, Bindung und Sicherheit sind die Folge.

Verlässlichkeit

«Du kannst dich auf mich verlassen» – das ist doch eine ganz starke Aussage und ein Versprechen! Wie oft können oder wollen Führungskräfte diesen Satz ehrlich aussprechen? In der heutigen unsicheren «VUCA-World» ist es auch anspruchsvoll. Trotzdem ist dies ein äusserst wichtiges Element in der Zusammenarbeit. Wenn ich mich verlassen kann, kann ich auch loslassen und entspannt jemand anderem die Verantwortung überlassen. Und dies immer im Wissen, dass es mit Effizienz und Qualität erledigt wird.

Verständnis

Einfach mal Verständnis für eine Situation haben, für den Menschen, für sein Tun, seine Beweggründe. Einfach mal ein of­fenes Ohr haben, zuhören, nicht urteilen oder werten, sich Zeit nehmen für das Gegenüber. Damit dies alles entstehen kann, braucht es «Nähe», aufrichtiges In­teresse, Tiefgang und eine wertschätzen­de Gesprächskultur. Wir sind überzeugt, dass persönliche Gespräche von «Ange­sicht zu Angesicht» unersetzlich sind.

Verfügbarkeit

Führungskräfte und Mitarbeitende ha­ben heute immer erreichbar und greifbar zu sein – immer! Wirklich? Wir denken genau das Gegenteil. Mitarbeitende wie auch Führungskräfte brauchen Raum – Freiraum und Denkraum. Und Führungs­kräfte sind keine besseren Menschen, nur weil sie das Unternehmen am Morgen als Erste betreten und am Abend als Letzte verlassen. Mit Verfügbarkeit meinen wir die «mentale Präsenz». Die uneinge­schränkte Aufmerksamkeit und Acht­samkeit im Umgang mit Mitarbeitenden. Der Wille, sich einzubringen, zu spüren, zu hören – da zu sein!

Verbindlichkeit

Die verbindliche Unverbindlichkeit hat Einzug gehalten. Tempo, Komplexität und neue Arbeitsformen sind oft Ausre­den dafür. Falsch: Am Ball bleiben ist die Devise. Nichts aus den Augen verlieren. Klare Botschaften und Aufträge sowie ein gemeinsames Commitment für zu er­zielende Resultate sind gerade heute für eine gute Performance unabdingbar und schaffen auch hier Sicherheit und Orien­tierung.

Losgelöst voneinander sind diese V6-Denk- und Handlungsqualitäten wich­tig, wenn auch weniger wirksam. Erst das «Leben» aller V6-Parameter sorgt für einen hohen Pegel an Begeisterung, das Beste zu geben – wir denken, bei Führungs kräften und Mitarbeitenden gleichermassen.

In diesem Sinne

Motivation ist letztlich Eigenverantwor­tung. Führung hat dabei einen wichtigen Part. Sie ist als Dienstleister verantwort­lich für die optimalen Rahmenbedingun­gen, damit alle selbstmotiviert am Erfolg des Unternehmens mitarbeiten, daran partizipieren und das Beste für sich und für das Unternehmen herausholen. Die Gratifikation und den festen Händedruck nehmen wir natürlich trotzdem gerne!

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