06. Dezember 2022

Lügen erkennen: Profiling-Tipps für den Alltag

Profiling-Tipps

Lügen kann für den Lügner sehr anstrengend sein! Es ist geistige Hochleistung! Der Lügner muss Szenen, ganze Geschichten konstruieren, merken, überlegen: Was muss ich wie und wie nicht sagen? Der Lügner muss ständig darauf ausgerichtet sein, zu überprüfen, ob der andere ihm noch glaubt. Doch wie erkennt man die Lügen?

Von: Patricia Staniek  

Patricia Staniek

Patricia Staniek ist Certified Master Profiler, Kriminologin, Unternehmensberaterin und Ausbildungsleiterin für Certified Profiler (ISO Zertifiziert), Wirtschafts-Coaches, Manager/Führungskräfte, HR-, Polizei- und Sicherheitspersonal. Zudem verfügt sie über ein abgeschlossenes BWL-Studium mit Schwerpunkt Wirtschaftskriminalistik und Wirtschaftskriminologie. Sie coacht Polizei- und Kriminalbeamte, Sicherheitsdienste, Justizmitarbeitende, Rechtsanwälte und Detektive und bringt ihnen Profiling PScn & SBI-Analysis (Suspicious Behaviour Identification) bei. Mit ihrer Expertenmeinung zum Thema Profiling, Gewalt, Femizide oder zu aktuellen Fällen im Bereich Wirtschaft und Sicherheit ist sie gern gesehener Gast in TV, Radio und Printmedien. Ausserdem ist sie Fachbuch-Autorin: «Profiling – Ein Blick genügt und ich weiss wer du bist», «Mein Wille geschehe-Macht und Manipulation entschlüsseln» und «STATUS – So verschaffen Sie sich mehr Ansehen, Gehör und Respekt».

Abweichungen oder Veränderungen von den Bodybasics

Ein Verhalten verschwindet, ein anderes taucht plötzlich auf oder verändert sich! Und wieder weise ich darauf hin, dass Mimiken, Gestiken und Bewegungen niemals einzeln gedeutet werden dürfen, sondern immer im Verbund von Stimme, Sprache, Körpersprache, Umfeld, Kontext stehen müssen! Ein einziges Verhaltensteil kann sich stets ändern. Nur auf die Körpersprache zu achten, ist definitiv zu wenig! Werfen Sie einen peripheren, also erweiterten Blick auf den Gesprächspartner. Damit meine ich, betrachten Sie ihn als Ganzes mit seiner «Umgebung».

Hier finden Sie einige Beispiele für mögliche Indizien!

Der Kopf

  • Ja sagen und Nein schütteln
  • Nein sagen und Ja schütteln
  • Der Kopf zieht sich gering zurück (mögliche Distanz zur Wahrheit).
  • Der Kopf nickt nach Satz bestätigend (soll die Wahrheit bestärken.

Stirn

Die Augenbrauen werden angehoben, im oberen Teil der Stirn entsteht eine angespannte Faltenbildung (mögliches Angstanzeichen).

Die Augen

Geübte Lügner schauen Ihnen dabei auch in die Augen. Sie kennen den Spruch: Jemandem nicht in die Augen sehen zu können! Oft halten sie sogar sehr intensiven Blickkontakt, um die Wahrheit glaubhafter zu machen. Sollten die Augen dabei aber komplett unbeweglich bleiben, liegt der Ver­dacht nahe, dass es sich um eine Unwahrheit handelt.

  • Der Blinzelschlag erhöht sich.
  • Augenverschlüsse (jemand will die Wahrheit nicht sehen)
  • Blickkontakt unterbrechen
  • Blickkontakt auffällig forcieren
  • Augenweiss wird oberhalb der Iris sichtbar (Angstanzeichen)

Die Nase

Die Nase rümpft sich (Ekelanzeichen – Abneigung).

Beispiel: Jemand sagt: Ich finde Ihr Kleid schön – und zieht dabei die Nase leicht hoch. Das könnte bedeuten, dass er ihr Kleid unmöglich oder hässlich findet.

Mund

  • kurzes Aneinanderpressen der Lippen (mögliche unangenehme Situation)
  • Stretchen der Unterlippe zur Seite (Angst)
  • nervöses Ablecken der Lippen
  • Nagen an den Lippen
  • Schluckbewegungen

Lachen oder lächeln

Lächeln wird als Maske des Verdeckens benutzt! Oft soll dieses Lächeln ein sehr sanftes, beruhigen­des Lächeln sein. Genau betrachtet handelt es sich um ein «unechtes Lächeln», bei dem sich die Mundwinkel nach hinten anstatt nach oben ziehen!

  • Lachen ohne erkennbaren Grund und Anlass
  • Unruhe, Angst, Nervosität
  • Flüchtiges, kurzes Lächeln (ich lache, weil ich dich grad über den Tisch gezogen habe)

Das Gesicht

Normalerweise folgen die Worte dem Gesichtsausdruck, hier kann es sein, dass zeitverzögert der Gesichtsausdruck dem Wort folgt!

  • Zu lang angehaltene Überraschungsmimik! (Augenbrauen hochgezogen, Kiefer klappt nach unten)
  • Bestimmter Gesichtsausdruck wird zu lange gehalten!

Schulter

  • Eine Schulter zuckt unkontrolliert hoch.
  • Die Schultern spannen sich an (Angst).

Die Hände

  • Hände verschwinden plötzlich unter dem Tisch, werden versteckt!
  • Hand oder Finger deckt Teile von Gesicht und Mund ab!
  • Spielen mit den Fingern
  • Die Gestik wird plötzlich fahrig oder unruhig.

Die Beine

  • Beine werden zurückgezogen (Distanz zur Wahrheit).
  • Die Innenseiten der Füsse stellen sich auf, die Aussenseiten bleiben am Boden (Boden unter den Füssen verlieren).

Der Körper

Ein ungeübter Lügner hat oft ein reduziertes Bewegungsfeld. Er gestikuliert und bewegt sich in mini­malerem Raum als ein offener und geradliniger Mensch. Die Körperbewegungen können fahriger werden, und die Gesten werden nicht ganz ausgeführt!

Illustratoren

Illustratoren sind Körperbewegungen, die uns ebenfalls Täuschungs- oder Lügenhinweise geben können, wie Paul Ekman in seinem Buch «Ich weiss, dass du lügst» beschreibt. Illustratoren wer­den aber auch beim Sagen der Wahrheit eingesetzt. Sie sollen das Gesagte unterstreichen. Jemand zeichnet zur Untermalung mit den Fingern etwas in die Luft, oder die Augenbrauen werden hoch­gezogen. Meistens sind die Hände die Hauptillustratoren.

Der Stil der Illustratoren ist erworben und definitiv nicht erblich. Wir verwenden Illustratoren, wenn etwas schwer zu erklären ist, wenn wir einen Weg beschreiben. Die Illustratoren verringern sich, wenn Menschen traurig sind, wenn jemand sorgfältig abwägt, was er sagt. Also immer wenn jemand vorsichtig beim Sprechen ist, sind weniger Illustratoren sichtbar. Selbst wenn ein ausgezeich­neter Lügner seine Lügenaufgaben gemacht hat und seinen Text gelernt und immer wieder gespro­chen hat, sind die Illustratoren weniger sichtbar als bei den normalen Bodybasics. Als Laie sollte man mit der Bewertung von Illustratoren in Bezug auf das Bewertung von Lügen vorsichtig sein.

Manipulatoren

Wir setzen auch Manipulatoren ein. Diese sind eine weitere Form der Körperbewegungen. Manipu­latoren stehen oft unter Verdacht, ein Signal für eine Lüge zu sein. Genauso wie bei den Illustrato­ren. Auch hier gilt wieder: «Alles ist möglich, aber nichts sicher!» Eine Häufung von Manipulatoren ist meist ein Zeichen für Aufgeregtheit. Und aufgeregt kann man auch sein, wenn man nicht lügt. Jemand in einem Konfliktgespräch kann sehr aufgeregt sein, kann Manipulatoren zeigen, ohne zu lügen. Manipulatoren sind Körperbewegungen, bei denen ein Körperteil den anderen Körperteil berührt, streichelt, massiert, drückt und kratzt.

Diese Bewegungen können sehr kurz sein, aber auch minutenlang andauern. Ein Anstieg der Anzahl der Manipulatoren muss kein Zeichen für eine Lüge sein. Ekman nennt die Manipulatoren «Badezim-merverhalten»! Jemand greift in den Schritt, bohrt im Ohr, beisst an der Wangeninnenseite. Mani­pulatoren können durchaus ein Zeichen für ein «Unwohlfühlen» sein als auch für ein «Wohlfühlen». Meist nicht ganz unbewusst! Definitiv sind sie unzuverlässig in der Lügenbestimmung!

Psychophysiologische Phänomene

  • Atemveränderungen (Bauchatmung wird zu flacher Brustatmung – Stress, Angst)
  • Herzfrequenzveränderung, Veränderung der Körpertemperatur
  • Flecken am Hals, Schweissbildungen an Oberlippe oder Händen
  • veränderungen der Körpertemperatur (z.B. kaltes Händchen)

Achten Sie auch auf die Sprache und die Stimme!

Sehr gute Lügner sprechen total klar, deutlich und überlegt! Wenn sie nachdenken, kann es aller­dings zu Verzögerungen kommen, welche wieder einen Hinweis auf eine Lüge darstellen könnten. Selten habe ich gute Lügner stammeln gehört! Gelogene oder geschwindelte Antworten kommen öfter verzögert! Wenn Menschen sich und ihre Lüge verteidigen, wird die Stimme hörbar höher. Längere Sprechpausen könnten ein Lügensignal sein. Oft sprechen Lügner bei der «gelogenen Bot­schaft» auch langsamer als bei der Wahrheit!

Stimme

  • Die Stimme wird höher und manchmal flattriger und unruhig.
  • Die Stimme bricht.
  • Die Stimme bebt.
  • Die Stimme wird bei der Lüge auffällig leiser oder sogar lauter.

Sprache

  • Wichtige Aussagen werden am Schluss eines bereits «müden» Gesprächs in Nebensätze ver­packt, um vielleicht überhört zu werden.
  • Häufige Wiederholungen sollen die «Wahrheit» bestärken.
  • Eine Frage wird wiederholt! Sie meinen, ich soll das gemacht haben?
  • Oder die verdächtige Person sagt: «Wiederholen Sie das bitte? Was soll ich gemacht haben?» (obwohl die Person es gehört hat)
  • Zu viele Details, die jetzt nicht notwendig wären

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