Lassen Sie uns im Folgenden jeweils die drei zentralen Grundprinzipien bei der Mitarbeitergesprächsführung gegenüberstellen, die Sie für einen grundsätzlich positiven Gesprächsverlauf immer berücksichtigen müssen. Diese spiegeln eine Grundhaltung für konstruktive Mitarbeitergespräche wider.
Prinzip 1: Konzentrieren Sie sich auf das Problem, die Streitfrage, insbesondere auf das Verhalten und nicht auf die Person.
Das bedeutet, dass Sie nie die Person als solche in irgendeiner Weise kritisieren dürfen. Die Person, Ihr Gegenüber ist tabu. Das heisst, die Person als solche ist immer okay. Schon von Geburt an, ist die Person, so wie diese ist und damit okay. Das besagt auch die Transaktionsanalyse von Eric Berne als Grundannahme. Das erscheint im ersten Moment als ziemlich banal. Allerdings ist die Umsetzung dieser simplen Grundannahme alles andere als einfach. Denn gerade im alltäglichen Verhalten kann es anspruchsvoll sein, diese Haltung durchgehend beizubehalten.
Im deutschen Grundgesetzt steht in Artikel 1: «Die Würde des Menschen ist unantastbar.» Das bedeutet für Sie im Mitarbeitergespräch, dass die Person nicht zu kritisieren ist. Was Sie hingegen kritisieren können, ist das Verhalten. Das ist zwar eine kleine und feine Unterscheidung, diese macht aber in der täglichen Anwendung einen grossen Unterschied.
Wenn Ihr Mitarbeiter sagt: «Sie haben ja was gegen mich», dann erwidern Sie: «Ganz und gar nicht, ich schätze Sie als meinen Mitarbeiter. Worin ich ein Problem habe, ist Ihr Verhalten, das Sie gestern als Reaktion auf die Kundenbeschwerde gezeigt haben.» Damit grenzen Sie Person von Verhalten deutlich ab. Das Entscheidende ist, Verhalten kann verändert werden. Die Trennung von Person (z.B. Charakter) und Sache (z.B. Verhalten) empfiehlt auch Daniel Goleman in seinem Buch «Emotionale Intelligenz», indem er sagt: «Wenn Sie Ihren Mitarbeiter kritisieren, z.B. weil er sich mehrfach verspätet hat, sollten Sie die Handlungsweise kritisieren, nicht einen Charakterzug.»
Prinzip 2: Erhalten Sie ein grundlegendes Selbstvertrauen, ein elementares Selbstwertgefühl Ihres Mitarbeiters aufrecht.
In der Psychologie wird das Selbstwertgefühl oder werden die vielfach dafür synonym verwandten Begriffe wie Selbstvertrauen, Selbstsicherheit oder Selbstbewusstsein als emotionale Einschätzung des eigenen Werts verstanden. Es handelt sich dabei um einen subjektiven Wert, den man sich selber und seiner Person zuschreibt (Stangl, W., 2020). Stichwort: «Selbstwertgefühl». Online-Lexikon für Psychologie und Pädagogik. (2020-12-27).
Das heisst für Sie als Führungskraft, dass Sie in Ihrer Rückmeldung an Ihren Mitarbeiter grundsätzlich eine positive Haltung des Gelingens einnehmen. Positiv eingestellt zu sein und das berühmte «Glas halb voll, als halb leer zu sehen», hilft Ihrem Gegenüber und stärkt sein Selbstvertrauen.
Eher den Schwerpunkt auf positive Rückmeldungen bzw. positive Aspekte zu legen spornt an und bestätigt. Auch wenn Ihr Mitarbeiter noch nicht dort ist, wo er sein sollte. Carol Dweck, Harvard Professorin, beschreibt dies sehr treffend in ihrem Konzept des «The Power of not yet». Hinter dem «not yet» verbirgt sich eine wichtige Erkenntnis, die einen interessanten Umgang mit Fehlern oder mit dem Scheitern beschreibt.
Es geht dabei weniger darum, ob wir Fehler machen oder nicht, denn das passiert unweigerlich. Denn «wer viel macht, macht viel verkehrt»! Es geht vielmehr darum, wie Sie diese Fehler oder das Scheitern beurteilen. Diese Beurteilung hängt vor allem von Ihrer Sichtweise und Ihrer Einstellung ab. Sind Sie der Meinung, dass Ihre Fähigkeiten allein auf Intelligenz oder Talent zurückzuführen und zum grössten Teil angeboren sind, so bewerten Sie Fehler als «schicksalhaft» festgelegt, die Sie nicht ändern können.
Glauben Sie jedoch, dass Ihre Leistungen auf Anstrengungen und Lernprozesse zurückzuführen sind, so bekommen Fehler eine ganz andere Bedeutung. Sie erscheinen als unvermeidbare Ereignisse, die in Ihrem Lernprozess passieren, auf dem Weg zum Ziel. Es handelt sich dabei um eine Lernerfahrung nach der Devise: «Entweder ich schaffe es oder ich lerne dazu.»
Dweck unterscheidet daher Menschen mit einem «fixed mindset», die glauben, dass sie bereits alles wissen und sich nicht nennenswert weiterentwickeln können, von Menschen mit einem «growth mindset», die also der Überzeugung sind, dass es immer etwas zu lernen gibt, und die sich immer weiterentwickeln möchten: «Nur wer von sich weiss, dass er aus Fehlern lernt, fürchtet das Scheitern nicht!», so Dweck.
Diese Haltung ist auch für Sie wichtig, um das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen Ihrer Mitarbeiter aufrechtzuerhalten. Konzentrieren Sie sich auf positiven Aspekte in Ihrem Feedback, bestärken Sie, sagen Sie, was schon gelungen ist. Bringen Sie das in Ihrem Gespräch mit Ihrem Mitarbeiter zum Ausdruck.
Sagen Sie beispielsweise: «Frau Meier, Sie haben bisher im Projekt Matterhorn hervorragende Arbeit geleistet. Konkret bei der Projektüberwachung und Koordination. Diese hat sehr gut funktioniert, und die Projektmitglieder waren sehr motiviert bei der Umsetzung. Vielen Dank. Daher gehe ich davon aus, dass Sie sich in das neue Projekt schnell einarbeiten werden.» Das stärkt das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl Ihres Mitarbeiters und damit auch seine Motivation.
Prinzip 3: Erhalten Sie konstruktive Beziehungen zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter aufrecht.
Sprechen Sie immer auf Augenhöhe mit Ihrem Mitarbeiter. Gute Mitarbeiterführung setzt diese Grundhaltung voraus, denn Führung heisst Kommunikation auf Augenhöhe. Vertrauen zum Mitarbeiter haben und diesem in wertschätzender Art begegnen, das ist die Basis für eine gute Beziehungsebene zwischen Ihnen und Ihrem Mitarbeiter. Gegenseitige Akzeptanz und Wertschätzung spiegeln sich dann in der Art und Weise der Kommunikation und des Umgangs wider.
Die Entwicklung eines «sozialen Gespürs» setzt voraus, dass Sie als Führungskraft ein echtes Interesse an dem Menschen «hinter Ihrem Mitarbeiter» haben. Und dies mit all seinen Eigenarten, Motiven, Wünschen, Bedürfnissen, Erwartungen an seine gesamte Persönlichkeit.
Denn gerade in emotional angespannten oder belastenden Situationen reagieren Ihre Mitarbeiter sehr unterschiedlich. Versuchen Sie dies entsprechend zu berücksichtigen und begegnen Sie Ihrem Mitarbeiter grundsätzlich wohlwollend.
Je besser Sie als Führungskraft Ihren Mitarbeiter kennen, desto eher sie das wahrnehmen kann, desto eher weiss sie, welche Äusserungen den Mitarbeiter aufbauen und welche ihn noch mehr belasten. Je aufmerksamer eine Führungskraft ist, desto eher wird sie ihr Verhalten an die Stimmung des Gegenübers anpassen können.
Sagen Sie beispielsweise: «Herr Müller, wir müssen uns nächste Woche zusammensetzen, um die Verbesserung der Qualitätskontrolle in Abteilung A zu besprechen. Machen Sie sich bitte doch einmal ein paar erste Gedanken, was Ihnen dazu einfällt. Können Sie mir diese bis nächsten Montag mitteilen. Vielen Dank.»