20. Juni 2023

Mehr Flexibilität: Das 6-Hut-Denken nach Edward de Bono

Mehr Flexibilität

Probleme und Fragestellungen flexibel anzugehen erfordert, diese aus möglichst verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Aber genau das fällt uns oft schwer. Wir neigen dazu, immer wieder dieselbe Position einzunehmen, weil unsere gewohnten Denkweisen wie eine herrlich breite Autobahn in unserem Hirn ausgebaut sind und wir sie ganz automatisch nutzen.

Das 6-Hut-Denken nach Edward de Bono ist nun eine Methode, mit der Sie auch die weniger gebrauchten Denkwege in Ihrem Gehirn nutzen können. Diese Technik ermöglicht Ihnen, spielerisch unterschiedliche Denkansätze zu einer Frage- oder Problemstellung zu verfolgen. Sie lernen und trainieren mit dieser Methode also auf eine sehr anschauliche Weise, flexibel zu denken. Sie können diese Methode allein für sich, aber auch gut im Team nutzen.

Praxistipp: Diese Methode arbeitet mit Symbolen, und zwar mit Hüten. Das Hut-Symbol ist sehr gut geeignet, weil es sich tatsächlich real umsetzen lässt. Sie können sich ganz einfach aus farbigem Papier die sechs Denkhüte erstellen und sie dann einfach einmal real aufsetzen, um die jeweilige Denkrichtung einzunehmen. Besonders für den Anfang macht es das leichter.

Und so geht‘s:

Stellen Sie sich vor, dass Ihnen verschiedene «Hüte» zur Verfügung stehen, die jeweils symbolhaft für eine bestimmte Denkrichtung stehen, z.B. kritisch, kreativ, neutral usw. Diese Hüte können Sie nun nach Lust und Laune aufsetzen und somit Ihre jeweilige Denk- und Sichtweise verändern.

Es gibt sechs verschiedene Denkhüte. Damit ist die Zahl der unterschiedlichen Sichtweisen überschaubar und bietet dennoch ausreichend Variationen, um ein Problem oder eine Frage vielschichtig beleuchten zu können. Jeder Hut hat eine bestimmte Farbe, die den jeweiligen Blickwinkel symbolisiert.

Sie führen diese Methode aus, indem Sie sich Ihre Aufgabe oder Fragestellung vornehmen und dann nach und nach jeden der sechs Hüte aufsetzen und Ihre Erkenntnisse und Ideen aufschreiben.

Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über die sechs Hüte und ihren Denkrichtungen:

Der weisse Hut:

Hier geht es um eine reine Fakten- und Informationssammlung ohne Wertung. Gesammelt werden Zahlen, Fakten, Daten. Der weisse Hut kennt keine Emotionen, keine Urteile. Sein Ziel ist Objektivität.

Der rote Hut:

Nun geht es um das genaue Gegenteil zum weissen Hut, hier zählen Emotionen. Gesammelt werden hier z.B. Ängste, Hoffnungen, auch Begeisterung, Intuition und alle anderen subjektiven Befindlichkeiten, die weder begründet noch erklärt werden müssen. Beim roten Hut spricht der Bauch.

Der schwarze Hut:

Hier geht es um die Sammlung von möglichst objektiv negativen Aspekten zum Thema. Geäussert werden hier z.B. sachliche Bedenken, begründete Zweifel, Risiken und ähnliches. Wichtig ist der sachliche Bezug, rein negative Gefühle gehören zum roten Hut.

Der gelbe Hut:

Mit dem gelben Hut werden objektiv positive Punkte zu einem Problem oder einer Frage gesammelt, also realistische Chancen, Pluspunkte, Möglichkeiten usw. Auch hier ist entscheidend, sachlich zu bleiben.

Der grüne Hut:

Jetzt wird es kreativ, denn mit dem grünen Hut suchen wir nach Alternativen. Hier kann alles geäussert werden, was über die eigentliche Frage hinaus geht, also Weiterentwicklungen, Ideen, neue Gedanken. Es können auch sehr gut Kreativitäts- und Denktechniken
eingesetzt werden. Hier sind ausdrücklich auch Phantastereien und Spinnereien erlaubt, keiner muss realistisch bleiben. Der grüne Hut ist ein Visionär.

Der blaue Hut:

Mit dem blauen Hut werden wir zum Dirigenten und gehen auf die sogenannte Meta-Ebene. Wir schauen also von oben auf das Problem und haben den gesamten Prozess im Blick. Wir sortieren das, was bisher gesammelt wurde und schauen z.B., ob ein Hut zu wenig getragen wurde (sprich: seine Aspekte noch zu wenig beachtet wurden) oder ob wir noch Informationen brauchen, wo Hilfe nötig ist, ob es offene Fragen gibt usw. In Team-Prozessen kann es sinnvoll sein, dass eine Person durchgehend den blauen Hut trägt, um den Denkprozess
konstruktiv zu steuern.

Beispiel: Entscheidungsfindung «Sabbatical»

Sie haben von der Möglichkeit gelesen, für einige Monate oder auch für ein ganzes Jahr aus dem Job auszusteigen. Das spricht Sie sehr an, aber Sie haben auch grosse Bedenken. So könnte ein 6-Hut-Denken dazu aussehen:

Der weisse Hut (objektive Sammlung von Informationen, Zahlen, Fakten, Daten):

  • Ich bin 48 Jahre alt.
  • Ich arbeite seit 26 Jahren durchgehend.
  • Unbezahlter Urlaub ist in meiner Firma möglich.
  • Ersparnisse in Höhe von 30 000 Franken sind da.
  • usw.

Der rote Hut (Gefühle und Emotionen, Intuition, Bauchgefühl):

  • Ich will das!
  • Endlich an mich denken!
  • Habe riesige Lust auf was Neues, etwas Aufregendes.
  • Euphorie über die Vorstellung, die Welt zu bereisen.
  • Angst und Unsicherheit: Was, wenn ich meinen Job verliere?
  • Angst vor Unverständnis meiner Familie und meinen Kollegen – was werden die denken?
  • usw.

Der schwarze Hut (objektiv begründete negative Aspekte):

  • Hoher Organisationsaufwand
  • Sparenmüssen für eine lange Zeit.
  • Gefahr, nach dem Jahr keine Lust mehr zum Arbeiten zu haben.
  • usw.

Der gelbe Hut (objektiv begründete positive Aspekte):

  • Mehr Zeit für meine Lieben.
  • Neue Inspirationen und damit neue Ideen.
  • Mehr Zeit für mich.
  • usw.

Der grüne Hut (kreative Ideen, Weiterführungen, Phantasie):

  • Vielleicht wollen wir sogar auswandern?
  • Vielleicht fällt uns in der Auszeit eine Geschäftsidee ein und wir machen uns selbstständig?
  • Vielleicht schreibe ich ein Buch über diese Zeit?
  • usw.

Der blaue Hut (Dirigent, Zusammenfassung des Denkprozesses, offene Fragen):

  • Meine Lust auf so etwas ist riesig gross!
  • Es gibt handfeste negative Punkte zu beachten (möglicher Jobverlust, wenig Geld), aber
  • für die kann man sorgen (mit Chef reden, Vertrag machen, neuen Job suchen, Selbstständigkeit).
  • Gibt es Erfahrungen von anderen? Recherchieren!
  • Rechtliches recherchieren (z.B. mögliche Rentenausfälle u.ä.)
  • Was sagt die Familie dazu?
  • usw.

Der Nutzen eines 6-Hut-Denkens besteht vor allem darin, ein Problem oder eine Fragestellung möglichst breit zu beleuchten. Denn nur wenn alle Aspekte gesehen werden, lassen sich oft erst wirklich brauchbare Lösungen finden.

Wenn Sie die verschiedenen Hüte aufsetzen, kann es hin und wieder vorkommen, dass Ihnen Gedanken kommen, die gerade nicht zu dem jeweiligen Denkhut passen, den Sie gerade aufhaben. Das macht nichts – fragen Sie sich dann einfach, welchem Hut diese Gedanken zuzuordnen sind, und schreiben Sie sie einfach dort auf. Sie sollten solche Gedanken keinesfalls unterdrücken, denn es wäre schade, wenn Sie auf diese Weise Ideen verlieren. Kehren Sie dann aber unbedingt wieder zu dem aktuellen Hut zurück.

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