Praxisbeispiel
Ein Mann, der sich mit weit geöffneten Beinen auf einen Stuhl fläzt, signalisiert Selbstgefälligkeit, Überheblichkeit und mangelnden Respekt. Setzte eine Frau sich so hin, sendete sie die gleiche Botschaft. Doch bis auf wenige Ausnahmen, so z.B. mitunter bei Jugendlichen, die auf diese Weise eine provokative Haltung ausdrücken, wird sich eine Frau nicht in eine solche Position begeben.
So gibt es eine Reihe von Gesten, die fast ausschliesslich bei Männern zu beobachten sind. Dazu gehören insbesondere jene, bei denen der Genitalbereich geöff net oder – wie im obigen Beispiel – regelrecht präsentiert wird. Weitere, typisch männliche Gesten sind:
- verkehrt herum auf einem Stuhl sitzen (mit der Lehne vor der Brust, Stuhlreiter)
- nach unten weisende Handfl äche beim Handgruss (Deckler)
- hinter den Kopf gelegte Hände, abstehende Ellbogen (Katapult)
- Bein über der Stuhllehne
Weibliche Körpersprache ist weniger raumgreifend und «selbstpräsentierend» als männliche. Ein Mann, der selbstbewusst auft ritt, tut dies mit schulterbreit nebeneinander stehenden Füssen (Abstand: ca. 35–40 cm). Eine ebenfalls selbstbewusste Frau «begnügt» sich mit 20 bis 25 Zentimetern. Werbungs- und schutzsuchende Gesten sowie erotische Signale wiederum gehen deutlich stärker von Frauen aus: Das Zurückwerfen der Haare, das Freilegen des Halses durch den zur Seite geneigten Kopf, das betonte Handgelenk (beispielsweise mit zurückgehaltener Zigarette), der Augenaufschlag oder die beim Überschlagen weniger übereinander, sondern fast schon nebeneinander liegenden Beine. Weitere, eher weibliche Gesten sind:
- die im Stehen verschränkten Beine
- das Spielen mit den Haaren
- das ausgestellte Handgelenk der Griff (hinter dem Rücken) an den eigenen Oberarm
Der – meist weibliche – Griff an den eigenen Oberarm steht für ein hohes Mass an Anspannung oder Ärger. Die etwas abgemilderte Variante hiervon ist – ebenfalls hinter dem Rücken – der Griff an das eigene Handgelenk. Diese Geste, die auch bei Männern zu beobachten ist, ist der Versuch, sich an sich selbst festzuhalten, z.B. aufgrund situationsbedingter Unsicherheit. Im Falle verhaltenen Ärgers will uns die eigene Hand symbolisch davon abhalten, nach aussen zu agieren oder einzugreifen, etwa dann, wenn unser Status uns eine Reaktion verbietet.
Weibliche Körpersprache zeigt weitaus mehr Rücksichtnahme auf das Umfeld. So verletzen Männer oft mals ganz selbstverständlich Distanzzonen, beanspruchen mehr Territorium für sich, und ihre Bewegungen sind oft «kantiger» und fordernder, während Frauen weiche, fliessende Bewegungen machen, mit weniger Raum zufrieden sind und deshalb auch mehr Rücksicht auf die Einhaltung von Distanzen nehmen. Der Grund dafür liegt in ihrem wesentlich stärker ausgeprägten Sozialverhalten. Im beruflichen Alltag mag sich dieser Umstand für Frauen insofern nachteilig auswirken, als sie der männlichen körpersprachlichen Dominanz üblicherweise höhere emotionale und fachliche Fähigkeiten entgegensetzen müssen. Dies ist ein sicher nicht unwesentlicher Faktor, der dazu beiträgt, dass Frauen für eine vergleichbare Position nach wie vor mehr Einsatz bringen müssen als Männer.