19. Juli 2022

Fehler beim Coaching: Was ein Coach vermeiden sollte

Fehler beim Coaching

Wie Ihnen sicher bekannt ist, geht es im Business Coaching darum, dem Coachee lösungsorientierte Fragen zu stellen, sodass dieser für sich selbst erkennt, wie er mit einer Herausforderung besser umgeht und sich persönlich dadurch weiterentwickelt.

Von: Matthias K. Hettl  

Matthias K. Hettl

Der studierte Volks- und Betriebswirt war nach Studium und Doktorandenzeit erst Assistent der Geschäftsführung und danach in versch. Managementpositionen mit Führungs- und Budgetverantwortung tätig. Er ist seit 1995 Geschäftsführer des Management Institutes Hettl Consult in Rohr bei Nürnberg. Als Coach, Trainer und Managementberater ist er vorwiegend für Vorstände, Geschäftsführungen und Führungskräfte tätig. Seine Schwerpunkte umfassen die Themen Leadership Skills und Managementkompetenzen.

Beispiel 1: Mehr fragen, weniger sagen

Wenn Sie jemanden coachen, verfü­gen Sie wahrscheinlich über Erfahrung und Wissen. Sie sind es wahrschein­lich auch gewohnt, situationsflexibel zu agieren und Probleme von anderen bzw. für andere zu lösen. Beim Coaching kann dies sehr verlockend sein, dem Coachee einfach eine direkte Antwort zu geben. Wenn Sie jedoch die Heraus­forderung Ihres Coachees für ihn lösen, dann coachen Sie ihn nicht. Sie sind dann eher im Beratungsmodus, leiten, instruieren, aber Sie coachen nicht.

Das Problem bei der Behebung des Problems Ihres Coachees besteht darin, dass nur weil Sie die Antwort kennen und in der Lage wären, diese umzusetzen, dies nicht bedeutet, dass Ihr Coachee dies auch kann. Coaching ermöglicht es Ihnen, die beste Antwort zu finden, die Sie gemeinsam mit Ihrem Coachee erarbeiten. Und genau dort, wo sich Ihr Coachee gerade befindet, zusammen mit seinen eigenen einzig­artigen Talenten, Erfahrungen und sei­nem Stil. Die richtige Lösung für Sie ist möglicherweise nicht die richtige Lö­sung für Ihren Coachee. Selbst wenn Ihre Lösung korrekt ist, bedeutet das jedoch nicht, dass Ihr Coachee bereit ist, sie zu implementieren. Coaching er­möglicht es Ihnen und Ihrem Coachee, herauszufinden, welche Herausforde­rungen vor ihm liegen.

Teilen Sie Ihre Idee mit, aber lassen Sie den Kunden entscheiden, ob er bereit ist, sie anzunehmen. Entscheiden Sie dann, ob Sie weiterhin als Berater tätig sein oder wieder zum Coach zurück­kehren sollen. Letzteres bedeutet, dass Sie erneut offene Fragen stellen, je nachdem, was Ihr Coachee tun möch­te. Ersteres bedeutet, dass Sie Fakten und Logik verwenden, um Ihren Stand­punkt zu untermauern. Sagen Sie Ihrem Coachee deutlich, ob Sie den Hut ei­nes Beraters, Lehrers, Managers oder Coaches tragen. Andernfalls könnte Ihr Kunde verwirrt werden.

Beispiel 2: Wen Sie die Antwort kennen, nicht zu viel fragen!

Wenn Sie die Antwort eines Problems bereits kennen, dann empfi ehlt es sich, dass Sie Ihren Coachee nicht mit ei­ner Vielzahl von Fragen traktieren, es selbst herauszufi nden. Denn das ist kein Coaching. Das tendiert dann eher in Richtung Manipulation, wenn Sie Ih­ren Coachee dazu bringen, zu densel­ben Schlussfolgerungen zu kommen wie Sie. Aus der Sicht des Coachees kann so ein Verhalten als überheblich, besserwisserisch und herablassend wirken. Es fühlt sich nicht gut an, eine Reihe von Fragen ertragen zu müssen, in dem Wissen, dass der Coach bereits die Antwort hat.

Nicht endlos fragen, das ist kontraproduktiv

Coaching ist für Situationen, in denen Sie sich mit Ihrem Coachee auf unbe­kanntes Terrain wagen. Daher bietet es sich an, nicht endlos Fragen zu stellen, wenn Sie bereits die Antwort kennen. Dann sagen Sie die Antwort nach ei­nem gewissen Fragen, wenn Ihr Ge­genüber nicht selbst draufkommt.

Ich hatte einen Manager im Coaching, der dazu neigte, diesen Fehler zu be­gehen. Nachdem ich mit seinen Mitar­beitern gesprochen hatte, stellte sich heraus, dass sie dieses Vorgehen als «quälende Selbstverwirklichung» be­zeichneten. Sie schätzten zwar seinen Führungsstil, wenn es für ihn sinnvoll war, sie zu coachen, aber als er die Ant­wort bereits kannte, fanden seine Mit­arbeiter seinen Ansatz unauthentisch, langweilig und eine ineffiziente Zeitnut­zung.

Beispiel 3: Nicht unterbrechen

Unterbrechen Sie Ihr Gegenüber nicht, wenn Sie coachen. Diese relativ ein­fache Empfehlung kann für Coaches, die naturgemäss Informationen schnell verarbeiten, eher schwierig sein. Wenn Sie unterbrechen, unterbrechen Sie Ihr Gegenüber möglicherweise gerade dann, wenn es etwas Entscheidendes sagen will.

Nutzen Sie die Stille. Machen Sie sich die Stille zu Ihrem Verbündeten. Warten Sie einfach drei, vier oder fünf Sekun­den. Auch wenn Ihnen das lang er­scheinen mag und es den menschlichen Refl ex gibt, die Stille auszufüllen, halten Sie diese aus. Damit stellen Sie sicher, dass Ihr Kunde auch wirklich fertig ge­sprochen hat. Manchmal ist Schweigen die beste Coaching-Technik-Frage, weil sie den Coachee ermutigt, tiefer über das Thema nachzudenken, hineinzutau-chen und über das Übliche, also über den Tellerrand hinauszublicken.

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